Ich erinnere mich noch genau, wie ich im Zug sass und mich auf diesen lange ersehnten Termin mit der Chefärztin für Allergologie in einem der grössten Kompetenzzentren für Mastzellenerkrankungen der Schweiz freute. Dieser Termin sollte endlich Licht ins Dunkel bringen, alle meine Fragen beantworten und das Rätsel meiner Beschwerden lösen.

Als ich schliesslich in ihrem kleinen Untersuchungszimmer sass und sie tief in meine Augen blickte, konnte ich die Enttäuschung in ihrem Blick spüren, noch bevor sie ein Wort sprach. «Frau Maruccia, es tut mir Leid, die Schulmedizin stösst hier an ihre Grenzen. Ich habe keine Antworten für Sie.» Dann fügte sie noch hinzu. «Bitte machen Sie weiter, geben sie nicht auf. Ich weiss, dass Sie auf dem richtigen Weg sind.»

Was sie danach noch hinzufügte, weiss ich nicht mehr. Ich war erstarrt. Zutiefst enttäuscht. Ihre Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht, doch überrascht war ich nicht. Mein Weg führte mich bereits seit mehr als 20 Jahren von einem Mediziner zum nächsten, immer mit dem gleichen Ergebnis – keiner Wusste weiter und meine Beschwerden wurden trotz Medikamente und Therapien immer schlimmer.

Aber die Chefärztin hatte recht – ich war auf dem richtigen Weg. Nur ein Jahr zuvor war ich am absoluten Tiefpunkt meines Lebens angelangt, körperlich und geistig am Boden. Doch mit alternativen Gesundheitsmethoden und meiner unerschütterlichen Willenskraft hatte ich es geschafft, mich wieder auf die Beine zu stellen.

Ich verliess das Krankenhaus und stand auf dem Zugperron. Die Gedanken waren ganz weit weg. Ich stieg in den Zug, es regnete, doch das hatte ich nicht bemerkt.

Während die Landschaft an mir vorbeizog, liefen die Regentropfen die Fenster hinunter, wie die Tränen auf meinen Wangen. Was hatte ich mir denn erhofft? Eine Antwort? DIE Lösung? Hilfe? Wie hiess es doch? Hilf dir selbst, dann wird dir geholfen. 

Da hallten ihre Worte in meinem Kopf wider «Frau Maruccia machen sie weiter… machen sie weiter… geben sie nicht auf». In diesem Moment wurde mir eines klar. Ich hatte zwar nie aufgegeben, doch immer auf eine Lösung von Aussen gehofft. Schluss. Es musste eine Antwort auf meine Fragen, auf die Ursachen meiner Beschwerden geben und wenn ich sie noch nicht gefunden hatte, musste ich weitersuchen, egal wie lange das dauern würde. 

Das Jahr davor hatte ich bereits damit verbracht meine Beschwerden zu verstehen und mich wieder auf die Beine zu bringen. Ich fing mit meiner Recherche also nicht bei Null an. Zwar war das Bild noch nicht komplett, doch viele Puzzlestücke waren bereits offengelegt und zum Teil sogar schon zusammengesetzt. Ich musste einfach weitermachen.

Mein Rucksack war vollgepackt mit Lebenserfahrung, Rückschlägen, die mich auf Umwege gebracht hatten und mich immer wieder gezwungen hatten, mich neu zu orientieren, Traumata, Ausbildungen, Berufserfahrungen aber vor allem auch mit einer unermüdlichen Willenskraft, Stärke, Neugierde und Lebensfreude. Ich hatte mich in schwierigen Zeiten schon immer als Stehaufmännchen definiert. Jetzt war es an Zeit, die Schätze meines Rucksackes auszupacken und für mich zu nutzen. Und das tat ich.